Sanne

Glück im Unglück

Ich habe einen Wunsch
Aber kein Glück
Deshalb
Brauche ich ein Kleeblatt
Ein vierblättriges natürlich
Denn die
Das weiß jedes Kind
Und ich bin schließlich schon vier
Bringen Glück
Und dann
Geht vielleicht
Mein Wunsch in Erfüllung
Vielleicht
Mit ein bisschen Glück
Und einem Kleeblatt
Also krieche ich
Auf allen Vieren
Durch die Wiese
Und suche
Kleeblätter
Und finde keine
Das ist nicht fair
Mein Wunsch
Muss doch wahr werden
Ich wünsche mir
Doch nichts Unmögliches
Will kein Pferd
Bin schon zu oft geritten
Will keine Fee mit
Drei Wünschen
Habe nur einen
Einen Wunsch

Mein Kleidchen ist schon
Ganz schmutzig
Aber ich finde auf der Wiese
Nur dreiblättrige Kleeblätter
Das ist nicht fair
Jeder findet vierblättrige Kleeblätter
Nur ich nicht
Wo ich doch einen Wunsch hätte
Der muss bitte bitte wahr werden

Am Ende der Wiese dann endlich
Eines
Endlich!
Ein vierblättriges
Kleeblatt
Und mein Wunsch
Ich zupfe es raus
Sehe es an
Schließe die Augen
Sonst bringt es nichts
Auch das weiß
Jedes Kind
Und ich bin schließlich
Schon so groß
Wünsche mir also
Bitte bitte
Wünsche ich
Bitte steck dein Ding nicht mehr in mich rein.
Wie bescheuert
Kann man eigentlich sein?

Sanne, Freiburg, 25. Juni 2001

Sanne

 

leben im zerstörten selbst

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Sanne, Sommer 03

 

Sanne

MACHTSPIELE

Manchmal wenn Er in den Raum kommt laufe ich auf Ihn zu öffne Seine Hose und beginne meine Arbeit alles ist besser als das andere nur leider finde ich gelegentlich in Seinen Augen keine Gnade da schlägt Er meine Hände fort lachend welch gut dressierte Hure Er aus mir gemacht hat wenn ich nicht schon immer eine war leider will Er mich anders heute und verlacht meinen vorauseilenden Gehorsam so einfach ist das für Ihn nur für mich nicht aber das spielt keine Rolle nicht für Ihn Willkür der Gewalt Macht des Übermächtigen einen Versuch war es wert auch wenn Er Herr­schaftsverhältnisse schnell wieder klarstellt Er schafft an sagt was getan wird was nicht Er be­stimmt was mir getan wird der Herr und seine Sklavin sieht mich nicht an nimmt mich nicht wahr bin Seine Hure Sein Besitz mit dem Er machen kann was Er will auch wenn Er mir viel mehr nimmt als nur das sind es doch eigentlich drei Löcher zwei Hände die Ihn an mir interessieren mehr nicht aber auch nicht weniger heute da ich groß bin ist es das was schmerzt früher fürchtete ich Seine Gewalt Kraft Wut selbst anfangs als ich mich noch wehrte mit all der mir zur Verfügung ste­henden Stärke bewegte Er mich meinen Körper doch so leicht so spielerisch als sei mein Körper unter Seiner Herrschaft und nicht unter meiner was er auch war in der einen oder anderen Be­deutung der Worte und ich stand Ihm zur Verfügung war zu Seiner Ver-Fügung ob ich wollte oder nicht war bei dieser Übermacht bedeutungslos bedeutungslos auch mein Wehren nur heute nicht nicht für mich wo wichtig wird dass ich mich gewehrt habe wenigstens anfangs überlebenswichtig die bohrende Frage ob ich mich verteidigte genug auch das ist was mich schmerzt wie das Bewußt­sein dass immer Er es war der meinen Körper mich Ihm unterwarf Ihm und Seinen Phantasien  mich gefügig machte zu Willen machte benutzte wie ein Stück Holz Sein Möbel Seine Toilette  herumstehen auf Ihn warten Seinen Bedürfnissen entgegen kommen laufen sogar sich bereit halten und bereit sein wenn Er es möchte was Er möchte gedrängt in der Ecke an der Wand nur der Atem verrät das Leben in mir meine Existenz sonst bin ich nur ein Schatten Seiner Launen den Er benutzt und wegwirft Siegerjustiz habe gelernt im richtigen Moment auszuatmen mich zu entspannen nicht zu schreien auch das muß gelernt sein am schnellsten wenn man jedesmal einen Schwanz im Mund hat wenn man ihn nur aufmacht ich lernte schnell es gibt Fehler die macht man eben nur ein Mal Seine Schule war hart wie sein Schwanz und tat ebenso weh auch heute noch wo mir das Bewußt­sein den Rest meines Verstandes raubt nicht nur Opfer der einen oder anderen Form der Ver­gewaltigung Seiner Vergewaltigung Seiner Gewalt geworden zu sein sondern auch der Dressur die auch heute noch andauert sein Meisterwerk funktioniert über seinen direkten Einfluß hinaus kapie­ren worauf es ankommt mitmachen bei was auch immer bei einfach allem immer und für jede Be­wegung Seine Erlaubnis einholen nur ja nicht glauben man sei in Sicherheit eine stumme Dienerin sprachlos aber allzeit bereit willig alles geht alles sehe in Seinem Gesicht Seinen Augen das Kom­mende beuge ihm so gut ich kann vor ein Irrtum endet immer fatal lerne alles schnell aber vor al­lem lerne ich dass Sein Wort gilt muß also wachsam sein biegsam mich anpassen aufpassen Seine Wünsche erfüllen bevor Er sie durchsetzt mit aller Gewalt mit aller Ihm zur Verfügung stehenden Gewalt die jeden Widerstand mit Genuß bricht denn nichts an mir war dazu gemacht dass zu machen was er mit mir machte woraus er sich aber nichts machte und mit aller Macht das mit mir machte was er wollte und brauchte ich habe nur Rechte wenn Er sie mir zugesteht was nicht vorkommt bin zwei Hände die drei Löcher schützen müssen vergebliche Mühe wie Seinen Wahnsinn einschätzen liege manchmal daneben liege dann darnieder Lektion gelernt schmerzhaft gelernt dass Er nicht einzuschätzen ist wie ich es auch versuche was ich auch tue meine Qual zu lindern ist doch immer Er es der mir endlich erlaubt weniger zu leiden oder mehr Sein Grinsen im Gesicht Seine Macht über mich Er in mir und in meinem Kopf heute wie damals das verlernt man nicht stillhalten aushalten sich hinhalten und was wird kommen was tue ich nur was Seiner Willkür ausgeliefert sein Seiner Lust Er der Er mit meinem Leben spielt es verspielt wieder und wieder und es nicht merkt merken will weil ich keines habe in Seinen Augen Wahnsinn Wahnsinn wie lebe ich mit Seinen Resten in Seinem Abfall mit dem was nicht mal Er wollte oder doch wollte und es mir danach hinwarf wie Er mich wegwarf als Er mich wegwarf nachdem Er sich nahm was Er wollte nachdem Er mich nahm wie er wollte wieder und wieder obwohl Er doch gar nicht mich wollte wie und wieso leben in dem was er mir übrig ließ was er von mir übrig ließ wertloser bedeutungsloser toter Müll dem brav erzogenen willigen Körper starr doch gehorchend jedem Ihm ein armer Hund der die Hand noch schleckt die ihn schlägt und dankbar ist wenn er es darf von Liebe kann dennoch keine Rede sein eher von Hass und Wahn und Wut von grenzenloser Angst Terror Zerstörung dies ist sein Werk ich bin sein Werk und das ist es was heute noch weh tut und immer weh tun wird in alle Ewigkeit und darüber hinaus auch wenn alles andere aufgehört hat oder aufhören wird fühle ich mich als Hure als Gebrauchs­gegenstand ohne Rechte Würde Wert und es bleibt die Frage was ich alles verloren habe in diesem Spiel der Macht in diesem verdammten Machtspiel ob ich nicht alles verloren habe und was hat Er aus mir gemacht was bleibt die Wut das Entsetzen die Scham die Trauer darüber was ich bin oder geworden bin was ich bin und war für Ihn was ich bin und noch sein kann für andere und was für mich was                                                              

Sanne, Wyhl am Kaiserstuhl, 20. August 2001

Sanne

 

Reaktionszeit

 

Ein Teil
von mir
sitzt
immer noch
noch immer
in diesem Sessel
in Deinem Haus.
Ein Teil
von mir
ist
immer noch
gefangen
in jener Nacht
in der ich
stockbesoffen
es
Dir sagte.
Ein Teil
von mir
sitzt
immer noch
dort
und wartet
noch immer
auf
Dich
Deine Reaktion.
Mutter!
Eine Reaktion!
Und ich meine nicht
‚ichglaubdasnichtdasglaubichnicht’
Und auch
meine ich
- im Gegensatz zu Dir -
nicht
das Dich ‚das’ nichts angehe.
Daher sitze ich
und warte
immer noch
noch immer
auf mehr
von Dir
Mutter
auf mehr als
‚Das interessiert mich nicht’.

Meinst Du nicht auch
dass es an der Zeit wäre
für mehr Mutter?
Wie lange
willst Du mich
noch warten lassen?
Jetzt
da Du weißt
Wer
es war der
Deine Tochter fesselte
bevor er
sie vergewaltigte
und an
wessen
Sperma sie
heute noch
erstickt.
Was
es war
das sie so sehr fürchtete
in all den Tagen
und all den Nächten
dass sie darüber
verrückt wurde und
wie
sehr er es genoss sie
seinen Penis
sauber lecken
zu lassen
nachdem er sie
vergewaltigt hatte - auch anal.
Jetzt weißt Du
wo
es war
dass er sie liegen ließ
in Dreck und Blut
und
warum
Du
Rasierklingen und Tranquilizer
in ihrem Geldbeutel fandest
weiß
die Hölle
was Du dort zu suchen hattest.
Jetzt also
da Du um
die Hölle
weißt
und
warum
sie sich
die Brust verätzte mit Salzsäure.
Weißt du nun
wann
es war dass
ihr Leben endete - kurz nach dem Anfang nämlich und wann ihr Sterben begann - kurz nach dem Ende des Lebens.
Und jetzt
nachdem
Du weißt Mutter
wann
ihr Sterben endete und
ihr Überleben anfing
um nicht mehr zu enden.
Wie lange
warte ich jetzt noch
Jetzt
nachdem Du
all dies
weißt Mutter.
Jetzt nachdem Du all dies
nicht nur weißt
sondern es
jetzt auch
wissen musst
denn ich sagte es Dir
wenn Du es nicht
schon wusstest.
Meinst Du nicht
Mutter
dass es
jetzt
langsam
an der Zeit
ist
für eine
Reaktion.               

Sanne, Wyhl am Kaiserstuhl, 22.12.03

 

 

 

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