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Lavabo

Weltweit verschafften sich in den letzten Jahren auch Betroffene von sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche und ihren Einrichtungen Gehör. Viele Übergriffe und Täter wurden öffentlich, die in den (Geheim)Archiven der katholischen Kirche, der Bistümer und des Vatikans bekannt waren und dokumentiert sind, jedoch lange geleugnet und verschleiert wurden. Heute sind viele Übergriffe, schwere Misshandlungen und Vergewaltigungen verjährt oder gar Akten und damit Beweise bereits vernichtet.

Heute sind viele Übergriffe, schwere Misshandlungen und Vergewaltigungen verjährt oder gar Akten und damit Beweise bereits vernichtet. Was geschieht mit diesem Wissen und den noch vorhandenen Dokumenten? Welche Verantwortung übernimmt die katholische Kirche, deren Einrichtungen und Bistümer, für ihr jahrzehntelanges Schweigen und Leugnen? Wie werden die Täter*innen, aber auch die Mitwisser*innen, zur Verantwortung gezogen? Wie wird mit den Betroffenen umgegangen?

Jeder Übergriff, aber auch das eigene Nicht-wissen-Wollen, Wegschauen, Leugnen, Vertuschen oder Bagatellisieren, sind Nadelstiche im Fleisch der Betroffenen, im Fleisch der Familie, der Kirche, der Gesellschaft.

In meinen Stecknadel-Lavabo-Arbeiten beschäftige ich mich mit den sexuellen Übergriffen in der katholischen Kirche. Zwei Jahre recherchierte und suchte ich nach einer künstlerischen Form, die die Dimension und Vielschichtigkeit der Übergriffe, aber auch den offensiven Täter_innenschutz der katholischen Kirche bis in den Vatikan erfasst.

Lavabo inter innocentes manus meas

2014 | ca. 4.000 Stecknadeln | Lavabo (Kelchtuch) auf Schaumstoff | 30 x 50 cm


4.000 Stecknadeln stecken in einem weißen Lavabotuch, fügen sich zu einem lateinischen Gebet, das der Priester bei der Händewaschung in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus spricht: »Lavabo inter innocentes manus meas…« (In Unschuld will ich meine Hände waschen).

Lavabo (von lat. lavare: waschen, also: »ich werde waschen«) bezeichnet den symbolischen Ritus der Händewaschung eines Priesters in der Heiligen Messe. Ein Ministrant gießt bei diesem Ritus etwas Wasser über die Finger des Priesters und fängt dieses mit dem Lavabotablett auf. Ein zweiter Ministrant reicht ihm das Lavabotuch zum Abtrocknen der Hände.

Beichte und Gebet

2014 | ca. 7.000 Stecknadeln, Lavabo (Kelchtuch) auf Schaumstoff | 30 x 50 cm


Inhaltliche Grundlage der Arbeit sind Ergebnisse aus dem Bericht zum Abschluss der Tätigkeit der Hotline der Deutschen Bischofskonferenz für Opfer sexuellen Missbrauchs vom März 2010 bis Dezember 2012 mit Telefon-, Internet- und postalischem Beratungsangebot.

7.000 Stecknadeln formulieren ein Ergebnis aus dem Tätigkeitsbericht der Hotline:
»Priester nutzten religiöse Rituale, wie Beichte und Gebet, um das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen zu gewinnen, um sie sexuell zu missbrauchen und zu vergewaltigen.«

Quelle: Bericht zum Abschluss der Tätigkeit der Hotline der Deutschen Bischofskonferenz für Opfer sexuellen Missbrauchs, Teil 2: Deskriptive Statistik zu den gemeldeten Delikten, 2013 

Er sagte, wir seien jetzt in Liebe verbunden 

2014 | ca. 3.670 Stecknadeln, Lavabo (Kelchtuch) auf Schaumstoff | 30 x 50 cm


3.670 Stecknadeln zitieren eine Aussage eines betroffenen Mannes aus den Ergebnissen der Auswertung der Hotline der Deutschen Bischofskonferenz für Opfer sexuellen Missbrauchs (Hotline vom März 2010 bis Dezember 2012).

Quelle: Andreas Zimmer/ Dorothee Lappehsen-Lengler/ Maria Weber/ Kai Götzinger, Sexueller Kindesmissbrauch in kirchlichen Institutionen – Zeugnisse, Hinweise, Prävention, Beltz Juventa 2014, Weinheim und Basel